Wir gehen in Nordrhein-Westfalen beim Kohleausstieg voran: Zum Jahresende 2020 ist im RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaußem der erste Block mit einer Leistung von ca. 300 Megawatt vom Netz gegangen. Damit wird die Umsetzung des gesetzlich festgelegten Stilllegungspfades für Braunkohlekraftwerke eingeleitet. Bis Ende 2022 verlangt das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz eine bundesweite Reduktion der Braunkohle-Kraftwerksleistung um knapp drei Gigawatt. Diese wird ausschließlich bei uns im Rheinischen Revier realisiert.
Dabei werden ein Drittel der direkt betroffenen 9.000 Arbeitsplätze in der Braunkohlewirtschaft bereits in den nächsten Jahren verloren gehen. Ich weiß, das ist schwer für die Betroffenen! Wir haben uns mit der NRW Koalition erfolgreich dafür eingesetzt, dass gemeinsam mit der Bundesregierung und RWE durch die Regelungen zum Anpassungsgeld gute Rahmenbedingungen für sozialverträgliche Lösungen gefunden wurden. Trotzdem müssen wir nun schnell nachhaltige Zukunftsperspektiven für die Menschen im Rheinischen Revier eröffnen. 6.000 neue Arbeitsplätze sollen hier bei uns in den Zukunftsbranchen entstehen und annähernd die gleiche Zahl an vor- und nachgelagerter Beschäftigung gesichert und geschaffen werden. Es wird in die Attraktivität unserer Region für Unternehmen und Gründer sowie Beschäftigte investiert – etwa durch den Ausbau von Wirtschafts-, Verkehrs- und digitaler Infrastruktur. Mit den von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Strukturmitteln in Höhe von rund 15 Milliarden Euro sollen wichtige Impulse gesetzt werden.
Als ersten Schritt in die bis 2038 reichende Strukturförderung hat die Landesregierung das „SofortprogrammPLUS“ und das „Starterpaket Kernrevier“ aufgelegt. Dabei haben sich von 100 vorliegenden Projektideen 2020 bereits gut zwei Drittel qualifiziert, fünf Zukunftsprojekte haben den Auswahlprozess – mit der Vergabe der „Sterne“ – bereits vollständig abgeschlossen und stehen nun unmittelbar vor der Antragstellung für eine Förderung. Wir brauchen Forschung und Innovation, notwendig ist aber auch eine vorausschauende Wirtschaftsflächenentwicklung entlang eines durchdachten Gewerbeflächenkonzepts. Nachhaltiges Wachstum bestehender mittelständischer Unternehmen, auch in unserem Kreis Düren, sowie die Ansiedlung neuer Unternehmen sollen in den kommenden Jahren mehrere tausend Arbeitsplätze zusätzlich entstehen lassen.
Ich freue mich sehr, dass das Forschungszentrum mit zwei der fünf förderfähigen Zukunftsprojekte dabei ist!
Fünf Zukunftsprojekte im Überblick:
Mit dem Aufbau des Fraunhofer-Instituts für Energieinfrastruktur und Geothermie IEG an den Standorten Aachen und Weisweiler werden optimale Rahmenbedingungen geschaffen, um im Rheinischen Revier das Potenzial zur Nutzung der Tiefenwärme im Fernwärmenetz zu erkunden und in die Umsetzung zu bringen.
Die DLR-Forschungseinrichtung „Technologien für Kleinflugzeuge“ am Standort Aachen wird im Rheinischen Revier mit dem Ziel der vollumfänglichen Praxistauglichkeit die Themen elektrisches Fliegen und Urban Air Mobility, also Luftfahrzeuge für den Nahverkehr, erforschen. Damit werden Zukunftsperspektiven für den Mobilitäts- und Luftfahrtstandort Rheinisches Revier geschaffen.
Mit dem Aufbau eines Hubs für Digitale Geschäftsmodelle mit dem Starterbaustein Reallabor Blockchain wird die Blockchain-Technologie im Rheinischen Revier etabliert und die Ansiedlung innovativer Start-ups gefördert. Unternehmen werden zudem bei der digitalen Transformation unterstützt. In Praxisprojekten erarbeiten die Partner in enger Kooperation mit der Industrie technische Lösungen und bringen sie zur Anwendung. Die Koordinierungsstelle soll in Hürth entstehen.
Im Projekt NEUROTEC II intensivieren die RWTH Aachen und das Forschungszentrum Jülich ihre Forschung an neuromorphen Rechnern, die in ihrer Funktionsweise dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Die Technologie ermöglicht die Handhabung großer Datenmengen und damit signifikante Fortschritte in den Bereichen künstliche Intelligenz und Internet der Dinge. Somit ergeben sich Möglichkeiten für neue Lösungen und Geschäftsmodelle etwa beim autonomen Fahren, in der Industrie 4.0 oder im smart home, die als Wachstumstreiber für Wertschöpfung und Beschäftigung sorgen.
Mit dem Ausbau des Ernst Ruska-Centrums für Mikroskopie und Spektroskopie am Forschungszentrum Jülich werden neuartige Geräte und Analysemethoden im Bereich der Elektronenmikroskopie eingesetzt, um den Aufbau von Stoffen auf molekularer oder atomarer Ebene zu untersuchen. Auf diese Weise können in Zusammenarbeit mit der Industrie elementare Funktionen von neuen Werkstoffen auf ihre Anwendbarkeit in der Energiewandlung und -speicherung oder Medikamente für die Behandlung von Krankheiten untersucht und in neue Geschäftsmodelle überführt werden.
Hintergrund zum Qualifizierungsverfahren
„SofortprogrammPLUS“ und „Starterpaket Kernrevier“
Das „Sterneverfahren“ ist ein mehrstufiges Verfahren zur Qualifizierung von eingereichten Projektskizzen im SofortprogrammPLUS und im Starterpaket Kernrevier. Es dient zur Auswahl und Weiterqualifizierung aussichtsreicher Strukturwandelprojekte. Die Antragsprüfung und Entscheidung erfolgt im Anschluss durch die jeweils zuständigen Bewilligungsbehörden wie zum Beispiel die Bezirksregierung Köln.
Erster Stern: Substanzielle Projektidee
Der erste Stern wird vergeben, wenn die Projektskizze die Ziele des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen und des Wirtschafts- und Strukturprogramms adressiert. Das Vorhaben muss konkrete Perspektiven für die Entstehung neuer Wertschöpfung und Beschäftigung bieten.
Zweiter Stern: Tragfähiges Vorhaben
Der zweite Stern wird vergeben, wenn die Projektskizze als antragsreif und förderwürdig eingeschätzt werden kann. Das heißt: Es muss unter anderem eine Ausgaben- und Finanzierungsplanung vorliegen und die Projektmeilensteine müssen klar definiert sein.
Dritter Stern: „Zukunftsprojekt des Strukturwandels“:
Der dritte Stern wird vergeben, wenn für das Vorhaben ein Förderzugang, beispielweise im Rahmen eines Bundesprogramms, erfolgreich identifiziert werden konnte.