Vor Beginn der Sommerferien und der parlamentarischen Sommerpause kam der Landtag von NRW noch einmal für drei Tage zusammen, um drängende Fragen der Landespolitik zu erörtern. Lesen Sie hier, was mir in dieser Woche besonders wichtig war:

Trauer um jedes Menschenleben

Die Corona-Pandemie hat viele Menschenleben gefordert. Großeltern, Eltern, Partner, Kinder, Freunde, Nachbarn, Kollegen und Bekannte haben in dieser Zeit ihre Liebsten und Nächsten verloren. Meist ohne einen letzten Abschied und ohne eine letzte innige Berührung.

Um der Verstorbenen zu gedenken, kam der Landtag zu einer Gedenkveranstaltung zusammen. Sie soll uns mahnen, dass es beim Kampf gegen das Virus in erster Linie darum geht, das Wertvollste zu beschützen, das wir haben: unsere Gesundheit und unser Leben. Gleichzeitig soll sie uns allen den Mut und die Entschlossenheit verleihen, weiter alles daran zu setzen, dem gefährlichen Virus Einhalt zu gebieten. Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen schuldig.

Bis heute haben 17.123 Menschen in Nordrhein-Westfalen wegen oder mit Corona ihr Leben verloren. Hinter jeder dieser Zahlen steckt ein menschliches Schicksal, im Regelfall sogar das ganzer Familien. Sie alle haben wir vor Augen, wenn wir innehalten und um jedes verlorene Menschenleben trauern.

NRW wird 2045 klimaneutral sein

Der Landtag hat das Klimaschutzgesetz und das Klimaanpassungsgesetz für Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Die NRW-Koalition von CDU und FDP hat die Klimaziele im ursprünglichen Gesetzentwurf nach dem Urteil des Bundesverfassungsgesetz und der Neuregelung auf Bundesebene dabei noch einmal verschärft.

Damit hat Nordrhein-Westfalen jetzt das ambitionierteste Klimaschutzgesetz aller Bundesländer und geht mit dem vorgezogenen Ziel der Klimaneutralität sogar über die EU-Vorhaben hinaus. Bis 2030 reduzieren wir die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 mit unseren Anpassungen nicht nur um 55, sondern sogar um 65 Prozent. Für 2040 ziehen wir mit einer Reduktion um 88 Prozent ein neues Zwischenziel ein. Und wir wollen bis 2045 statt bis 2050 klimaneutral sein.

Dabei machen wir bereits seit Jahren vor, wie erfolgreicher Klimaschutz im Einklang mit wirtschaftlichem Wachstum und Bezahlbarkeit für Bürgerinnen und Bürger geht. Wir gehen voran bei CO2-Einsparung und Kohleausstieg, denn bis 2030 werden in NRW 13 von 16 Braunkohleblöcken abgeschaltet. Wir belegen Spitzenplätze in Deutschland beim Ausbau von Windkraft und Photovoltaik. Wir reden nicht nur, wir handeln. In der vergangenen Woche haben wir im Landtag weitere 100 Millionen Euro für die Förderung von Elektromobilität und moderne Technologie wie Photovoltaikspeicher freigegeben. Damit steht 2020 und 2021 insgesamt eine Summe von satten 550 Millionen Euro für Klimaschutz und Energiewende bereit.

Klimafolgen vorbeugen – Klimaanpassungsgesetz und 15-Punkte-Offensive

Mit fortschreitenden Klimaänderungen drohen große ökologische und ökonomische Schäden und nicht zuletzt Gefahren für Leib und Leben. Die zurückliegenden Jahre haben es deutlich gezeigt: Der Klimawandel ist Realität und vor unserer Haustür angekommen. Parallel zum Klimaschutz müssen wir daher mit aller Kraft die Widerstandsfähigkeit von Umwelt, Natur und Menschheit stärken. Das Klimaanpassungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, mit dem wir den unabwendbaren Klimafolgen vorbeugen.

Mit dem Gesetz schreibt die Landesregierung das Ziel fest, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Alle Träger öffentlicher Aufgaben sind fortan dazu verpflichtet, Klimafolgen bei allen Planungen und Entscheidungen zu berücksichtigen. Zudem ist die Erstellung und Fortschreibung einer Klimaanpassungsstrategie, die Durchführung eines Klimafolgen- und Anpassungsmonitorings sowie die Einrichtung eines Beirates für Klimaanpassung gesetzlich festgeschrieben.

Die 15-Punkte-Offensive des Umweltministeriums enthält vielfältige Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes und zur Unterstützung von Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen. Wesentliche Bestandteile der Offensive zur Klimaanpassung sind:

  • Ein umfangreiches Klimafolgen- und Anpassungsmonitoring des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Die Veröffentlichung ist in Vorbereitung.
  • Die Einrichtung des neuen „Beirat Klimaanpassung“, der die Erarbeitung der Klimaanpassungsstrategie begleiten wird.
  • Die Erstellung einer Klimaanpassungsstrategie unter Einbindung der gesamten Landesregierung und weiterer gesellschaftlicher Akteure.
  • Die Erarbeitung eines Leitfadens für einen Klimaresilienz-Check als Hilfestellung bei der Umsetzung des im Klimaanpassungsgesetz enthaltenen Berücksichtigungsgebotes für öffentliche Stellen.
  • Die Unterstützung kommunaler Initiativen zur Konzeption und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen. Klimaanpassungskonzepte, Hitzeaktionspläne und Starkregengefahrenanalysen sollen dabei ebenso gefördert werden wie investive Maßnahmen zur Klimaanpassung.
  • Die Unterstützung insbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen bei der Anpassung an den Klimawandel durch ein „Kompetenznetzwerk Klimaanpassung“. Das Netzwerk soll als zentrale Anlaufstelle für die Privatwirtschaft zur Verfügung stehen.
  • Der Ausbau grüner Infrastruktur. Ein landesweites und ressortübergreifendes Konzept soll eine abgestimmte und vernetzte Entwicklung der grünen Infrastruktur sicherstellen und eine zukunftsorientierte Flächennutzung unterstützen.
  • Die Entwicklung klimastabiler und vielfältiger Mischwälder. Das Umweltministerium unterstützt dies mit breiten Förderangeboten. Allein 2021 stehen insgesamt rund 75 Millionen Euro zur Verfügung.
  • Die Entwicklung und Umsetzung überbetrieblicher Wasserkonzepte zur Entnahme, Speicherung und Zuleitung von Wasser. Unter den Trockenjahren 2018 – 2020 haben insbesondere auch Landwirtschaft und Gartenbau gelitten.
  • Eine gesamtheitliche Konzeption zum Umgang mit langhaltenden Trockenphasen soll langfristig eine ausreichende Wasserversorgung für die verschiedenen Nutzungen sicherstellen. Diese soll dabei helfen, Probleme und Nutzungskonkurrenzen vor Ort zu identifizieren und mögliche regionale Lösungsansätze und Maßnahmenoptionen zu entwickeln.

Aufholen pandemiebedingter Lernrückstände ermöglichen

Um Schülerinnen und Schülern das gezielte Aufholen pandemiebedingter Lernrückstände zu ermöglichen, stellen Bund und Land bis 2022 insgesamt 430 Millionen Euro zur Verfügung. Durch diese zusätzlichen finanziellen Mittel sollen mit dem Programm „Ankommen und Aufholen“ vor Ort individuelle Förderangebote ermöglicht, weiteres Personal eingestellt und Kooperationen mit außerschulischen Partnern organisiert werden.

Das neue Programm ‚Ankommen und Aufholen‘ sowie die Ausweitung des Landesprogramms ‚Extra-Zeit zum Lernen‘ sind für Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit der Pandemie ein wichtiges Signal. Von den vielen Einschränkungen, die mit der Pandemie einhergehen, waren und sind unsere Kinder und Jugendlichen besonders betroffen. Bei vielen jungen Menschen hat der unfreiwillige Verzicht auf den Schulbesuch unübersehbare Spuren hinterlassen. Daher setzen wir uns im Landtag vehement dafür ein, die entstandenen Lücken zu schließen, die die Pandemie bei unseren Schülerinnen und Schülern hinterlassen hat. Um ihre Bildungschancen in und nach der Pandemie zu sichern, müssen wir unseren Kindern und Jugendlichen Angebote zur gezielten Förderung machen. Daher sind die Aufholprogramme ein Zeichen an die Schülerinnen und Schüler sowie an deren Familien, dass nun ihre unterschiedlichen Bedürfnisse gezielt im Vordergrund stehen. Wir beginnen damit in diesem Sommer und geben den Schülerinnen und Schülern dann bis weit ins kommende Jahr die nötige Zeit, um von den Aufholprogrammen zu profitieren.

Nordrhein-Westfalen setzt bei „Ankommen und Aufholen“ auf ein Konzept mit zusätzlichem Personal („Extra-Personal“) und zusätzlichen finanziellen Mitteln für die Schulen („Extra-Geld“). Alle Maßnahmen werden vorrangig so angelegt sein, dass sie bei den Schulen oder direkt bei den Schülerinnen und Schülern ansetzen.

Initiative für digitale Ratssitzungen

Die Corona-Pandemie hat vieles ins Rutschen, aber auch einiges ins Rollen gebracht. Die Digitalisierung gehört eindeutig zur zweiten Gruppe – und diese Chancen wollen wir jetzt für die Kommunalpolitik nutzen. Viele Ehrenamtliche vor Ort haben gelernt, digital oder hybrid zu arbeiten, und wollen dies dauerhaft tun. Darin liegt eine Chance für die Kommunalpolitik als Fundament unserer Demokratie: Es wird angesichts von Präsenzsitzungen bis in den späten Abend immer schwieriger, junge Menschen, Mütter und Väter, Angestellte oder Selbstständige für dieses Engagement zu begeistern. Wir brauchen aber die soziale Mischung in den Stadt- und Gemeindeparlamenten – und deshalb brauchen wir eine größere Vereinbarkeit des kommunalen Ehrenamtes mit Beruf, Ausbildung und Familie.

Die NRW-Koalition will Möglichkeiten für die Kommunalpolitik eröffnen, künftig mehr digital zu tagen. Mit unserem Antrag (Drucksachennummer 17/14285) wollen wir die Erfahrungen aus der Pandemie nutzen und hybride Konzepte für Ausschuss- und Ratssitzungen sowie Abstimmungen erproben.

Wichtig ist eine praxistaugliche Umsetzung. Der Versuch einer gesetzlichen Regelung in Baden-Württemberg zeigt, dass kaum eine Kommune sie letztlich nutzt – eine Regelung, welche die Grünen hier für ihren Gesetzentwurf kopiert haben und welche leider nur unterkomplexe Ansätze für einen komplexen Sachverhalt bietet. Deshalb wollen wir Modellprojekte in je drei Kreisen, kreisfreien und kreisangehörigen Städten auf den Weg bringen. Der Pilot soll schon nach der Sommerpause starten, wir wollen und brauchen schnelle Ergebnisse. Die Landesregierung beauftragen wir, zeitgleich die gesetzliche Grundlage auszuarbeiten und die Erfahrungen aus dem Modellprojekt aufzunehmen. Dann können wir den Ratshäusern und Kreistagen schon bald sagen, wie sie hybride oder digitale Formate rechtssicher nutzen können.