Landesregierung legt umfangreiches Sicherheits- und Migrations-
paket nach dem Terroranschlag von Solingen vor
Die Landesregierung hat als Folge auf den Terroranschlag in Solingen ein umfassendes Maß-
nahmenpaket vorgestellt, das auf drei Säulen basiert: Sicherheit, Migration und Prävention.
Das Paket enthält konkrete Maßnahmen in eigener Landeszuständigkeit und Initiativen in Rich-
tung Bundesregierung. Es ist das umfangreichste Sicherheits- und Migrationspaket in der Ge-
schichte Nordrhein-Westfalens.
1. Säule: Stärkung der Inneren Sicherheit
Die Gefahr des islamistischen Terrorismus besteht längst nicht mehr nur in von langer Hand
geplanten Anschlägen, die durch islamistische Terrororganisationen koordiniert werden.
Heute haben wir es vermehrt mit Einzeltätern zu tun, die sich im Internet und den Sozialen
Medien radikalisieren. Um solchen Bedrohungen frühzeitig zu begegnen, werden unsere Si-
cherheitsbehörden neue technische Mittel und weitreichendere rechtliche Befugnisse erhal-
ten. Dazu werden u.a. folgende Maßnahmen in die Wege geleitet:
Virtuelle Ermittler und Künstliche Intelligenz (KI)
Eine zentrale Maßnahme ist der verstärkte Einsatz von KI und virtuellen Ermittlern, um Straf-
taten im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken, frühzeitig zu erkennen und zu verhin-
dern. Virtuelle Ermittler sollen Soziale Medien systematisch durchforsten, um radikale Inhalte
zu identifizieren. Wir werden dabei vor allem auch radikale islamistische Prediger und In-
fluencer in den Blick nehmen. KI-Technologien werden dabei helfen, die riesigen Datenmen-
gen effizienter zu analysieren, etwa durch Übersetzungen seltener Dialekte oder den Einsatz
von Gesichtserkennungssoftware.
Verbesserte Vernetzung und Datenaustausch zwischen Behörden
Um die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu optimieren, wird der Datenaustausch zwischen den
staatlichen Stellen verbessert. Eine zentrale Datenbank zur Identifikation radikalisierter Perso-
nen soll die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Ausländerbehörden
stärken.
Befugnisse des Verfassungsschutzes neu justieren
Zukünftig sollen Messengerdienste in begründeten Fällen überwacht werden dürfen. Außer-
dem wird die Altersgrenze für die Speicherung von Daten auf 14 Jahre abgesenkt. Auch Funk-
zellenabfragen zahlen auf die Erhöhung der Abwehr von Gefahren ein. Der Verfassungsschutz
soll zudem die Möglichkeit erhalten, auf private Videoüberwachung zuzugreifen. Hierdurch
können Zielpersonen kontrolliert und Kontaktpersonen identifiziert werden.
2. Säule: Migration
Der Fall von Solingen hat gezeigt, dass Rückführungen schneller, besser und konsequenter er-
folgen müssen. Das bestehende System ist dysfunktional. Deswegen werden wir u.a. folgende
Maßnahmen auf den Weg bringen:
Beschleunigung der Asylverfahren
Nordrhein-Westfalen ist heute schon das Bundesland mit den meisten Abschiebungen. Um
Asylverfahren in Zukunft noch schneller abzuschließen, werden drei zusätzliche Asylkammern
an den Verwaltungsgerichten eingerichtet.
Ausschöpfen bestehender Regelungen zur Entlastung der Kommunen
Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 29a AsylG) sollen zukünftig so lange in
Landesunterkünften verbleiben, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Sie werden also bis zu
einer Entscheidung ihres Antrages nicht mehr auf die Kommunen verteilt.
Bessere Abstimmung bei Rückführungen und Maßnahmen zur Steigerung der Erfolgsquote
Die Zentralen Ausländerbehörden (ZABs) werden personell gestärkt und besser vernetzt. Künf-
tig werden sie auf die Anwesenheitssysteme von Landeseinrichtungen zugreifen können, da-
mit Rückführungsversuche nicht scheitern. Um Verzögerungen zu vermeiden, wird eine zent-
rale Übersicht über alle abzuschiebenden Personen erstellt. Ein zweiter Überstellungsversuch
wird obligatorisch geprüft. Die Einrichtungsleitung muss melden, wenn eine zur Festnahme
ausgeschriebene Person nach einer längeren Abwesenheit zurückkehrt. Wir rechnen mit einer
steigenden Zahl ausreisepflichtiger Menschen und planen daher die Einrichtung einer weite-
ren Abschiebehaftanstalt.
3. Säule: Prävention
Um zu verhindern, dass sich eine Tat wie die in Solingen wiederholt, setzen wir neben Maß-
nahmen bei der Sicherheit und der Migration auch auf Prävention. Denn es darf gar nicht erst
so weit kommen, dass sich Menschen in Deutschland radikalisieren.
Prävention in Bildungseinrichtungen und Flüchtlingsunterkünften
Wir werden Mitarbeiter in Flüchtlingsunterkünften speziell schulen, um Radikalisierungsten-
denzen frühzeitig zu erkennen. Die Integrationsarbeit mit jungen Geflüchteten wird weiter aus-
gebaut. Zudem werden Präventionsangebote im Internet gestärkt, um islamistischer Propa-
ganda entgegenzuwirken. Bei Anzeichen einer Radikalisierung können Schulen und Familien
Unterstützung durch eine Chatfunktion im Programm „Wegweiser“ erhalten. Ein landesweites
Beratungsnetzwerk für pädagogische Fachkräfte wird eingerichtet und zielt speziell auf die Prä-
vention von islamistischer Radikalisierung.
Bekämpfung des Extremismus im Internet
Mittels Künstlicher Intelligenz werden wir Hassrede und gewaltverherrlichende Inhalte im In-
ternet schneller identifizieren und ahnden. Außerdem wird eine landesweite Datei islamisti-
scher Prediger und Influencer angelegt, um deren Einfluss auf junge Menschen systematisch
zu überwachen und einzuschränken.