Ein Statement von Ministerpräsident Armin Laschet zum Abbruch der Sondierungsgespräche:
Der Abbruch der Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen stellt unsere parlamentarische Demokratie vor eine große Herausforderung. Unsere gemeinsamen Bemühungen, trotz eines für alle Beteiligten schwierigen Wahlergebnisses ein stabiles Regierungsbündnis für die nächsten vier Jahre zu bilden, waren nicht von Erfolg gekrönt. Dabei hatten wir in vielen wichtigen Bereichen bereits gute Ergebnisse erzielt: keine neuen Schulden, ein Abbau des Solidaritätszuschlags, eine bessere Förderung von Familie und mehr Personal für unsere Polizei. Nordrhein-Westfalen hätte von der Einigung auf eine Verstetigung der hohen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und der geplanten weiteren Entlastung der Kommunen profitiert, die ebenfalls bereits vereinbart waren. Auch bei den bis zuletzt kritischen Fragen der Migrations- und Einwanderungspolitik waren klare Regelungen ebenso möglich wie bei der Klimaschutzpolitik. Vor diesem Hintergrund ist das Ende der Gespräche sehr bedauerlich. Dennoch ist diese Entscheidung der FDP zu respektieren. Die Union steht nun mehr denn je in der Verantwortung, den Weg zu stabilen politischen Verhältnissen zu weisen. Dieser Verantwortung wollen wir gemeinsam mit der CSU an der Seite unserer Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel auch in den nächsten Tagen und Wochen gerecht werden.
Aber Berlin ist Berlin: Auf unsere Zusammenarbeit in der Nordrhein-Westfalen-Koalition hat der Abbruch der Sondierungen keinen Einfluss. Im Gegenteil: In Berlin haben die Vertreter von CDU und FDP aus Nordrhein-Westfalen gemeinsam vertrauensvoll für die Interessen unseres Landes gekämpft. Wir haben schon bei den Koalitionsverhandlungen gezeigt, dass wir eine gemeinsame Idee von Nordrhein-Westfalen haben. Und nach fast fünf Monaten des Regierens können wir mit Fug und Recht feststellen: Seit Juli ist ein Ruck durch unser Land gegangen.
Wir haben wichtige Weichenstellungen vorgenommen und die richtigen politischen Signale gesendet. Dabei haben wir uns nach dem Regierungswechsel genau jenen Problemen der Bürgerinnen und Bürger gewidmet, für deren Lösung wir das Vertrauen ausgesprochen bekommen haben: Bildung, Wirtschaft und Sicherheit.
Wir wollen beste Bildung, von Anfang an: Mit dem Kita-Rettungsprogramm haben wir den Erhalt der Trägervielfalt und damit zahlreicher Betreuungsplätze in unserem Land gesichert. Denn für uns gilt, dass beste Bildung bereits bei den Kleinsten beginnen muss. Auch der Unterrichtsausfall gefährdet die Bildungs- und damit Aufstiegschancen unserer Kinder. Deshalb haben wir ein Maßnahmenpaket gegen den akuten Lehrermangel aufgelegt. Mit der Änderung der Mindestgrößenverordnung haben wir den Erhalt vieler Förderschulen ermöglicht und in der Inklusionspolitik umgesteuert. Die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums haben wir in der letzten Woche auf den Weg gebracht. Damit beenden wir einen langjährigen gesellschaftlichen Konflikt und bringen Ruhe an unsere Schulen.
Wir geben Vorfahrt für moderne Arbeitsplätze: Die Nordrhein-Westfalen-Koalition gibt mehr Freiräume für unsere Unternehmen, schafft eine neue Wachstumsdynamik und steht für eine politische Mentalität des Einstiegs – und nicht des Ausstiegs. Das Entfesselungspaket I baut unnötige Bürokratie ab, das Entfesselungspaket II ist bereits in Arbeit. Wir arbeiten an den innovativen und klimafreundlichen Antriebstechnologien der Zukunft: Nordrhein-Westfalen wollen wir zu einem führenden Standort der Elektromobilität machen. Ich habe einen ständigen Expertenrat mit Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einberufen, um hier Tempo zu machen.
Wir sorgen für mehr Sicherheit: Die Nordrhein-Westfalen-Koalition gibt unserer Polizei die Mittel, das Personal, die Rechte und die Rückendeckung, die sie braucht. Gleich nach Regierungsantritt haben wir mit der Einstellung von zusätzlichen 300 Kommissaranwärtern noch in diesem Jahr und 500 Polizeiverwaltungskräften die Grundlage dafür gelegt, dass zügig mehr Polizei auf die Straße kommt. Mit der Abschaffung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten und einer besseren technischen Ausstattung haben wir unseren Beamtinnen und Beamten den Rücken gestärkt.
Wir machen Schluss mit den Schulden: Die Nordrhein-Westfalen-Koalition hat mit ihrem ersten eigenen Gestaltungshaushalt etwas geschafft, das keine Landesregierung seit 1973 mehr gewagt hat: Wir planen ohne Schulden. Im Gegensatz zur Vorgängerregierung sind wir davon überzeugt, dass Schulden etwas Schlechtes sind. Wir wollen das nicht nur in 2018 schaffen, sondern in der gesamten Wahlperiode halten. Der Staat muss mit dem Geld auskommen, das ihm seine Bürgerinnen und Bürger anvertrauen.
Trotz dieses konsequenten Konsolidierungskurses werden wir unsere Städte und Gemeinden deutlich entlasten: Wir bringen Kontinuität in die Integration und sichern den Bestand der kommunalen Integrationszentren für die gesamte Legislaturperiode. Wir erhöhen die Gesamtzuweisungen an die Kommunen im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes deutlich um über eine Milliarde Euro.
All das zeigt: es tut sich etwas in Nordrhein-Westfalen. Was auch immer die nächsten Wochen und Monate auf Bundesebene bringen werden: Ich werde mit aller Kraft für die Interessen unseres Bundeslandes eintreten und in Berlin gemeinsam mit unserer Landesgruppe für den Industrie- und Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen kämpfen. Nordrhein-Westfalen ist Energieland, Automobilland, Chemieland, Logistikland und Agrarland – die damit verbundenen Herausforderungen müssen in Berlin geachtet werden.
Ich will gemeinsam mit Ihnen weiter daran arbeiten, in Düsseldorf und in Berlin dem Vertrauen gerecht zu werden, das die Menschen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai und am 24. September in uns gesetzt haben – so, wie wir als Union sind. In diesen bewegten, auch unsicheren Zeiten für unser Land kommt es jetzt auf die klare Haltung der Christdemokraten an. Und innerhalb unserer Bundespartei kommt es vor allem auf die CDU Nordrhein-Westfalen an. Wir sind die politische Kraft, die auf Ausgleich und gesellschaftlichen Zusammenhalt zielt. Die seit jeher eine Politik von Maß und Mitte verfolgt und die ideologischen Verhärtungen eine klare Absage erteilt. Das ist der Kern der Volkspartei CDU – in Deutschland, aber insbesondere an Rhein, Ruhr und Lippe. Eine politische Achsenverschiebung nach links oder – wie ich zuweilen höre – nach rechts ist mit mir nicht zu machen. Die Menschen, die uns im Mai und im September ihr Vertrauen geschenkt haben, wollen, dass wir das bleiben, was wir sind: die Volkspartei der Mitte, die aus dem christlichen Bild vom Menschen heraus Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit findet und zum Wohle unseres Landes und Europas handelt.
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