Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

Um was geht es denn hier?

Die Strukturwandel-Kommission hat einen doppelten Auftrag und soll zwei Blickachsen miteinander verbinden: Die Energieversorgung der Zukunft im Hinblick auf die Beendigung der Kohleverstromungsowie den Erhalt und Aufbau von Arbeitsplätzen ohne grobe Strukturbrüche.

Das ist ein Mammutaufgabe – diese gilt es natürlich zu unterstützen. Das ist die Metaebene.

Um welche Fragen geht es aber konkret:

Was passiert mit den Menschen die ihre Arbeit verlieren? Wie wird die Stromerzeugung in der energieintensiven Industrie gesichert? Was passiert mit den Tagebaunachfolgelandschaften? Wie definieren sie sich neu?

Welche Arbeitsplätze sind in Regionen zu entwickeln, die noch 30 bis 40 Jahre brauchen werden, um aus einem riesigen Loch, so groß wie der Tegernsee und so tief wieder Bodensee, eine attraktive Seenlandschaft zu werden.

Es stellen sich aber auch Fragen wie: Müssen Energiekonzerne, wenn wir frühzeitig aussteigen, entschädigt werden und, wenn ja, wie? Welche neuen Technologien brauchen wir, um den Kohleausstieg zu kompensieren? Wie werden die Mittel des Strukturfonds von 1.5 Mrd. Euro im Detail nach welchen Kriterien aufgeteilt? Wie schaffen wir es, dass NRW davon einen großen Teil bekommt?

Für die Beantwortung all dieser Fragen brauchen wir enorm viel Fachwissen und es müssen alle betroffenen Gruppen beteiligt sein, um einen Konsens zu erreichen. Diese sind in der Kommission abgebildet.

Sonst gäbe es große Strukturbrüche statt des notwendigen organischen Strukturwandels!

Aber ich muss auch sagen: Der Zeitplan ist sehr sportlich für solch ein weitreichendes Aufgabenspektrum, denn es geht um das essentielle Thema „Gelingen des Strukturwandels in den Kohlerevieren, von der Lausitz bis zum Rheinischen Revier.“

Hier gilt es nach dem Kompass „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ zu handeln!

Lassen Sie mich ganz konkret einmal die Zeitspannen des notwendigen Strukturwandels anhand eines Beispiels beleuchten – dem Tagebau Inden:

Der Bergbau begann 1957. Die Entwicklungsgesellschaft Indeland wurde 2007 zum Zweck der Vorbereitung auf die Zeit nach der Braunkohle gegründet. Sie arbeitet auf extrem hohen Niveau an Konzepten, Vernetzung und Zukunftsplänen.

Der Bergbau endet voraussichtlich 2030.

Was haben wir heraus gelernt?

Wir brauchen Zeit für die Planung und Entwicklung. Wir müssen den Strukturwandel vom Menschen her denken, die Menschen mitnehmen, die Regionen vorbereiten und Brüche vermeiden. Sie brauchen keine weiteren „Abbruchkanten im Prozess“ durch übereilte ad-hoc-Entscheidungen – daran haben sie schon lange gelebt. Sie brauchen einen ausgestalteten Wandel mit viel Weitblick. Das schulden wir den Familien, die schon lange in diesen Regionen arbeiten, die schon lange dort leben, die ihre Dörfer zum Teil verlassen haben und ihre Kirchen neu aufbauen mussten. All das ist Realität. Sie brauchen unsere Unterstützung und da sehen wir die Strukturkommission mit einem großen Handlungsbeitrag mit dem Ziel, dass sie in Ihrer Heimat weiterhin gerne Leben und Arbeiten und alt werden können.

Für die vielen bestehenden, auch energieintensiven Unternehmen brauchen wir eine sichere Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen, natürlich in einem ökologischen Korridor. Auf der anderen Seite müssen wir den Wandel so unterstützen, dass neue Arbeitsplätze entstehen. Es ist also eine doppelte Aufgabenstellung, wie es eben bereits betont wurde.

Ich möchte nicht nochmals auf den Punkt eingehen, dass mit dem Ausstieg aus der Braunkohle und Steinkohle und Atomkraft eine garantierte wirtschaftlichealternative Stromversorgung einhergehen muss. Sondern ich möchte heute darauf eingehen, dass die Impulse aus der Kommission für Strukturwandel von vitalem Interesse für unsere Industrie- und Energie im Land NRW sind, wie Bodo Löttgen es so deutlich formulierte.

Denn jetzt kommen wir zu der Frage: „Wie kommt das Neue in die Welt?“, wie Prof. Baumann der FH Aachen es nennt. Oder: „Was brauchen wir, damit neue Arbeitsplätze entstehen können?“

Wichtig ist dabei, an den langen industriellen Traditionen der Regionen innovativ anzuknüpfen und Perspektiven für Strukturprogramme darzustellen, die kurzfristig, mittelfristig und langfristig tragen!

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben große Ziele. Die Ergebnisse der Kommission können uns hier wie ein Beschleunigungsmittel auf dem Weg dorthin dienen. Aber es geht auch darum, unsere Hausaufgaben vor Ort zu erledigen. Wir müssen die Regionen in Ihrer Innovationskraft, in Ihren Projekten und Schwerpunkträumen mit Blick in die Zukunft nachhaltig unterstützen.

In Zusammenspiel der Regionen können dann Leuchtturmprojekte zu Schaufenstern unserer Innovationspotentiale werden und sich hieran neue Wertschöpfungsketten bilden.

Es gibt ja schon Beispielprojekte zum Beispiel für ein regionales Ressourcensystem das Wohnen und Leben verbessert. Auch Stichworte wie „regionale Kreislaufwirtschaft“ oder das „Dorf der Zukunft im Rheinischen Revier“ sind zu nennen.

Zu einem besseren Leben in den Tagebauregionen gehört auch, dass wir die Landschaft kultivieren, etwa durch grüne Infrastruktur oder der „Agrobusiness Region“

Wichtig für uns ist, dass die Maßnahmen, die unterstützt werden, die Regionen und Kommunen befähigen, die Herausforderungen des Strukturwandels eigenständig zu meistern. Hierzu dienen auf der einen Seite die Masterpläne und Umsetzungskonzepte für die Innovationsräume wie Garzweiler, Indeland, Hambach, das Aachner Revier usw.….

Aber ganz besonders auch Leuchtturmprojekte, die das Potential der wirtschaftlichen Regionen multipliziert. So wurden mit dem Brainergy Park, terra nova oder dem Innovation Valley Garzweiler Konzepte für interkommunale Gewerbegebiete entwickelt, die nun auf die Unterstützung des Strukturfonds warten.

Von diesen Beispielen gibt es noch viele mehr. Ob es um die Modellregion für Wasserstoffmobilität oder regionale Energiemanagementsysteme geht – alles sind gute Beispiele, wie wir durch Fördermittel die Region und die Wirtschaftsfähigkeit erneut zum Leuchten bringen.

Das braucht einen guten Fahrplan, Zeit zur Umsetzung und das Mitnehmen aller Betroffenen. Keine Schnellschüsse, keine Abbruchkanten, sondern ein „Gemeinsam“.

Rede in der aktuellen Stunde zur Strukturwandelkommission am 13.06.2018

Deshalb will ich die Landesregierung an dieser Stelle ermutigen, mit klarer Stimme in dieser Kommission für nachhaltiges Wachstum, strukturellem Wandel und der Schaffung von Arbeitsplätzen wegweisend voranzugehen.