Warum machen wir in NRW eine neue Krankenhausplanung?

  • Das derzeitige Finanzierungssystem der Krankenhäuser durch sogenannte DRG (Fallpauschalen, die für eine bestimmte Behandlung erbracht werden) hat zu Fehlsteuerungen geführt.
  • Erstens ist es für viele Kliniken nicht auskömmlich, sodass zahlreiche Kliniken in Deutschland keine schwarzen Zahlen schreiben.
  • Zweitens führt das DRG-System dazu, dass versorgungswichtige, aber aufgrund der DRG-Systematik kostenineffiziente, Stationen geschlossen werden (zum Beispiel in der Geburtshilfe oder im Bereich Kinderkliniken).
  • Drittens führt das DRG-System zur Fehlsteuerung dahingehend, dass einige Krankenhäuser gut vergütete Behandlungen durchführen, obwohl ihnen die Voraussetzungen fehlen, die Behandlung qualitativ hochwertig durchzuführen.
  • Die aktuelle bettenorientierte Krankenhausplanung stammt aus einer Zeit, als es eine bettenorientierte Krankenhausfinanzierung gab. Sie passt nicht zum DRG-System. Die Folge sind krankenhausplanerische Steuerungsdefizite –etwa ungewollte Krankenhausschließungen, die langfristig zu Versorgungsdefiziten führen können.
  • Auch die Investitionen in die baulichen Strukturen des Krankenhaussektors waren in den letzten Jahrzehnten zu niedrig. Erst 2017 gab es durch die Landesregierung in NRW eine Trendwende. Dennoch ist die Bausubstanz der Krankenhäuser aufgrund des jahrzehntelangen Investitionsstaus nach wie vor oftmals nicht mehr zeitgemäß. Ein von vielen Krankenhäusern zusätzlich gemeldeter Sanierungsbedarf ist aber nur durch eine Verbesserung der Erlössituation zu beheben.
  • In der Pflege wurde zu wenig ausgebildet. Das führt zu einem Fachkräftemangel. Die Folgen: Die individuelle Arbeitsbelastung ist zu hoch, die Patientenversorgung leidet, Versorgungskapazitäten müssen runtergefahren werden.
  • Aus dieser Gesamtgemengelage entsteht eine Situation eines ruinösen Wettbewerbs der Krankenhäuser um Personal, Patienten und Ressourcen.

Deswegen hat die Landesregierung im April 2022 den neuen Krankenhausplan veröffentlicht. Parallel dazu ist das Krankenhausgestaltungsgesetz (KHGG NRW) mit Bezug auf die Verfahren angepasst worden.

Wie verbessert die NRW Krankenhausplanung die Situation?

  • Der NRW-Krankenhausplan fordert von Krankenhäusern eine Spezialisierung auf bestimmte Versorgungsgruppen (etwa Knieprothetik oder die Behandlung einer bestimmten Krebsart). Hierdurch erreichen die Krankenhäuser in ihren Fachbereichen höhere Fallzahlen, sammeln mehr Erfahrung und erreichen höhere Behandlungserfolge.
  • Patientinnen und Patienten, die in einem Krankenhaus behandelt werden, haben die Sicherheit, dass das Krankenhaus über ausreichend Erfahrung in der Behandlung ihrer Krankheit verfügt.
  • Durch eine wissenschaftlich validierte und durch die Krankenhäuser mitgetragene Planung wird eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser angestrebt.
  • Die Krankenhausreform wird seitens der Landesregierung durch mindestens 2,5 Mrd. Euro flankiert, die dazu dienen, durch die Umstrukturierungen notwendige Neu- und Umbauten zu fördern. Diese Bauten werden dann selbstverständlich auch den klimatischen Bedingungen und Entwicklungen angepasst sein.
  • Durch die Spezialisierung auf bestimmte Bereiche werden in anderen Stationen Personalressourcen frei, die zur Stärkung der Personaldecke genutzt werden können.
  • Eine Planung nach Versorgungsgruppen stellt eine flächendeckende Versorgung mit bestimmten Stationen etwa Notaufnahmen, Geburtshilfen oder Kinderkliniken sicher. Für 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger soll ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung in 20 Autominuten erreichbar sein.

Wie will die Krankenhausreform des Bundes gegensteuern?

  • Die Krankenhausreform des Bundes setzt bei der Finanzierung von Krankenhäusern an. Sie strebt genau wie die NRW-Krankenhausplanung eine Spezialisierung der Krankenhäuser auf bestimmte Versorgungsgruppen an.
  • Die Finanzierung soll neben DRG zum Teil auch durch Vorhaltepauschalen für versorgungsrelevante aber oftmals defizitäre Bereiche erfolgen. Das heißt: Ein Krankenhaus, das als Versorger für die Region wichtig ist, ohne eine besonders gewinnbringende Spezialisierung zu haben, finanziert sich künftig vorwiegend aus Vorhaltepauschalen.

Führt die Reform des Bundes nicht zu erheblichen Versorgungsdefiziten in der Krankenhausversorgung?

  • Die Krankenhausgesellschaft hat eine Auswirkungsstudie auf Basis des Vorschlags der Expertenkommission der Bundesregierung gemacht. Hierbei handelt es sich nicht um eine Einschätzung, wie die Krankenhauslandschaft nach der Reform aussieht, sondern, wie sie aussähe, wenn die Vorschläge einer wissenschaftlichen Fachkommission mit einem stark universitätsmedizinischen Fokus 1:1 umgesetzt werden würden.
  • Eine 1:1-Umsetzung würde bundesweit Eingriffe in die Krankenhauslandschaft bedeuten, die nicht erforderlich sind und weit über das Ziel hinausgehen. Statt zu sinnvoller Umverteilung der Leistungen könnte sie zu starken Konzentrationen bei einzelnen Krankenhäusern führen. Aus Sicht des MAGS müssen die Parameter des von der Expertenkommission erarbeiteten Vorschlags nun gemeinsam überarbeitet werden. Dann sollte eine weitere Folgenabschätzung durchgeführt werden.
  • Aber: Auch NRW hat bei seiner Krankenhausreform nicht allein auf die wissenschaftlichen Expertinnen und Experten gehört, sondern maßgeblich die Praktiker mit eingebunden. Bund und Länder befinden sich in einem offenen Diskussionsprozess. Wir gehen davon aus, dass sich der zu erarbeitende gemeinsame Gesetzesentwurf stark an der NRW-Krankenhausplanung orientieren wird.

Minister Lauterbach hat gefordert, die NRW Krankenhausplanung zu stoppen: Warum machen wir weiter?

  • Grundsätzlich: Krankenhausplanung ist Ländersache. Minister Lauterbach hat daher einen gemeinsamen von Bund und Ländern getragenen Gesetzesentwurf zur Umsetzung seiner Reform zugesagt. Wir befinden uns in einem offenen Diskussionsprozess mit dem Bund und den Ländern über die Zukunft des Krankenhauswesens.
  • Die Länder BY, NW und SH haben ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, um festzustellen, ob der Bund rechtlich überhaupt über eng gesetzte Level so tief in die Planungshoheit der Länder eingreifen darf, wie Minister Lauterbach angekündigt hat.
  • Für NRW steht fest: Wir haben großes Interesse am Gelingen beider Krankenhausreformen – sowohl der des Bundes als auch der NRW-Krankenhausplanung.
  • Aus Sicht der MAGS steht fest, dass NRW-Krankenhausplanung an die Pläne des Bundes voll anschlussfähig ist – wenn der Bund das will. Die NRW-Reform setzt, wie der Bundesvorschlag, auf eine Spezialisierung der Krankenhäuser zur Steigerung der Qualität. Das in NRW erarbeitete Leistungsgruppenkonzept erfährt hierbei großen Zuspruch aus der Fachszene und sollte Blaupause für die Pläne des Bundes werden.
  • Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat aktuell kein konsensfähiges Konzept vorgelegt und der Zeitplan zur Erarbeitung und anschließenden Umsetzung seiner Krankenhausreform kann nur als ausgesprochen ambitioniert bezeichnet werden.
  • Insofern wäre es unverantwortlich, den in Nordrhein-Westfalen über mehrere Jahre gut vorbereiteten und im Herbst 2021 angestoßenen Reformprozess abzubrechen. Für die Umsetzung des neuen Krankenhausplans stehen 2,51 Milliarden Euro für Investitionen in zukunftsfähige Strukturen zur Verfügung. Es wäre eine vertane Chance, auf eine Reform des Bundes zu warten, die noch im Ungefähren liegt.

Zeitpläne für beide Krankenhausreformen:

NRW Krankenhausplanung Krankenhausreform des Bundes (Zeitplan Stand 9. März 2023)
·         Start der vertraulichen Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen am 17. November 2022.

·         Januar sowie März 2023: Sachstandsbericht an die Bezirksregierungen (BR).

·         Spätestens am 17. Mai 2023: Übermittlung der Verhandlungsergebnisse an die BR. Diese prüfen bis Dezember 2023 konsentierte Verfahren und schlichten strittige Verfahren.

·         Ab Januar 2024: Regionalkonferenzen zur Information und Einbindung der örtlichen Politik in die Planungsverfahren. Im Zuge dessen werden die Verhandlungsergebnisse in geeigneten Formaten der Öffentlichkeit vorgestellt.

·         Ab Juli 2024: Bewertung der Verhandlungsergebnisse und Einleitung des Anhörungsverfahrens durch das MAGS.

·         Bis Dezember 2024: Bescheidung von Versorgungsaufträgen an die Krankenhäuser durch das MAGS.

·         Am 6. Dezember 2022 hat der Bund die Ergebnisse der Expertenkommission des Bundes zur Krankenhausreform vorgestellt.

·         Am 5. Januar 2023 diskutierte die Bund-Länder-Gruppe beim Krankenhausgipfel in Berlin über die Empfehlungen der „Regierungskommission“zu einer generellen Krankenhausreform und einigen sich auf ein gemeinsames Vorgehen.

·         Eine Bund-Länder-Gruppe (Minister-Ebene) kommt von Februar bis Juni 2023 monatlich zusammen.

·         Im Sommer will das BMG den Vorschlag zu einem zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf weiterentwickeln, ohne die Länder zu beteiligen. Die Einbeziehung der Länder erfolgt erst im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren.

·         Das Gesetz soll möglichst zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.