Das Landeskabinett hat am 25. Juni 2024 beschlossen, die Internationale Bau- und Technologieausstellung (IBTA) in den Jahren 2025 bis 2035 im Rheinischen Revier durchzuführen. Ziel ist es, den Strukturwandel im Rheinischen Revier in ein internationales Schaufenster zu stellen, um die Region zur Marke als klimaneutrale und nachhaltige Industrieregion zu entwickeln. Im ersten Schritt wird dazu eine landeseigene Gesellschaft gegründet werden, die den Prozess der Internationalen Bau- und Technologieausstellung führen soll. Des Weiteren hat die Landesregierung zehn Startprojekte für die IBTA beschlossen.
Die Internationale Bau- und Technologieausstellung ist eine Einladung an die Welt, ins Rheinische Revier zu kommen. Was wir mit der IBTA auf den Weg bringen, hat den Anspruch, jahrzehntelang zu wirken. Wir vernetzen die Potenziale der Region, um die Zukunft nachhaltig neu zu denken und zu erproben. Denn die IBTA ist keine reine Architekturausstellung. Sie ist vielmehr ein breit angelegtes Großprojekt und Labor der Wirtschafts-, Stadt- und Regionalentwicklung.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat zehn Startprojekte für die IBTA festgelegt. Das Verfahren zur Auswahl weiterer IBTA-Projekte wird nach der Gründung der Gesellschaft gesondert durch das Landeskabinett beraten. Alle umgesetzten Projekte müssen sowohl in der technischen als auch in der baulichen Ausstellung herausragende Beiträge für eine nachhaltige Entwicklung leisten. Damit baut die IBTA auf den Stärken der Region auf und zeichnet den Weg in eine nachhaltige Zukunft.
Die zehn Startprojekte der Internationalen Bau- und Technologieausstellung 2025 – 2035
- Von ausgeräumten Orten zur Heimat der Zukunft – new habitats
Zukunftsdorf Bürgewald im Rheinische Revier: Seitens der Stadt Merzenich besteht in dem von Funktionsverlusten und Abriss betroffenen Morschenich-Alt ein immenser Wille, das „Dorf neu zu denken“, wofür ein städtebaulicher Masterplan erstellt wird. Das Land Nordrhein-Westfalen sieht vor, den umfangreichen kommunalen Zwischenerwerb und die Entwicklung hin zu einem Ort der Zukunft mit Fördermitteln zu unterstützen.
- Von der „verbrauchten“ zur „produktiven“ Fläche – new area
Innovationsquartier Düren: Als Teil der Standortattraktivierung Dürens, werden im Rahmen der Errichtung des „Zukunftsquartiers“ Energie-, Mobilitäts- Bau-, Klimaschutz- und Digitalisierungskonzepte entwickelt und erprobt. In dem Quartier sollen verschiedene innovative Nutzungen aus den Bereichen Arbeit, Bildung und Forschung (Fokus auf CO2- freien Branchen) angesiedelt werden. Technologische Innovationen lassen sich hier (städte-)baulich hoch ambitioniert präsentieren.
Modellfabrik Papier: Im Innovationsquartier am Dürener Bahnhof entsteht die Modellfabrik Papier. 20 führende Unternehmen aus der Papierfertigung und Zuliefererindustrie sowie Forschende werden hier gemeinsam daran arbeiten, dass Papier künftig nachhaltiger und mit deutlich weniger Energieeinsatz produziert werden kann. Ziel ist es, bis 2045 rund 80 Prozent des Energiebedarfs in der Papierproduktion einzusparen. Die Modellfabrik zeigt somit an einem alltagsnahen Produkt, wie die Trans-formation einer energieintensiven Industrie gelingen kann.
- Vom fossil befeuerten Wirtschaften zur Twin-Transformation in neuen Arbeitswelten – new work
Frimmersdorf Nachnutzung Kraftwerk: Im Kontext der Nachnutzung des Zentralen Kraftwerksbau als Baudenkmal sollen in einem innovativen Verfahren unter anderem eine Nutzung von digital-affinem Gewerbe und Serverinfrastruktur für das Land sowie anderen Betreiberinnen und Betreiber in historischer Substanz etabliert werden. Mit einem innovativen Inhouse-Konzept soll die denkmalschützenswerte Halle einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Digitalpark am Kraftwerk Frimmersdorf: Der Rhein-Kreis Neuss und Rhein-Erft-Kreis haben im Sommer 2023 die Studie „Masterplan Digitalpark“ vorgelegt. Ein Digitalpark ist eine Gewerbefläche, die für Unternehmen der Digitalen Wirtschaft optimiert ist. Die Studie geht von zwei Digitalparks aus, die in Folge der Microsoft-Ansiedlung zusammen bis zu 5.000 Arbeitsplätze schaffen könnten. Der Rhein-Kreis Neuss beabsichtigt, einen Digitalpark am Kraftwerk Frimmersdorf zu realisieren.
- Vom Tagebau zu blau-grünen Landschaften – new landscapes
Empowerment Tagebauumfeld: Nirgendwo wird der Strukturwandel sichtbarer als im direkten Tagebauumfeld. Die Tagebauränder bedürfen einer besonderen räumlichen Entwicklung, die Grünzüge mit Wegesystemen, Touristische- und Naherholungselemente ebenso fokussiert wie Landmarken und städtebaulich gut umgesetzte Einzelmaßnahmen. Diese Umsetzung im Gesamtzusammenhang wird als aktives Vorhaben der Bürgerbeteiligung aufgesetzt. Präsentiert werden die Ergebnisse in einer Raumausstellung, die dem Revier um die noch nicht verfüllten Seen einen lebenswerten und erlebbaren Mittelpunkt gibt.
Blau-grünes Band: Rund um die Tagebaue entsteht eine blau-grüne Infrastruktur, die die Lebensqualität im Rheinischen Revier stärkt, die Qualität der Landschaft aufwertet und das Rheinische Revier mit einer erkennbaren landschaftlichen und touristischen Marke versieht. Die blau-grüne Infrastruktur eröffnet einen Rahmen, in dem sich der Biotopverbund entwickelt und ein qualitätsvoller Ort für die Bürgerschaft entsteht. Die Revierradroute unterstützt das Naturerlebnis ebenso wie die Wiederaneignung der Tagebaue etwa als Badesee.
Innovative und bewegungsaktivierende Sport- und Bürgerparks: Vielfältige und innovative Freizeit- und Breitensportangebote tragen durch den positiven Einfluss auf das soziale Miteinander, das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zur ambitionierten räumlichen Entwicklung des Rheinischen Reviers als lebenswerte Region bei. Durch die Errichtung von fünf überregionalen bedeutsamen Sport- und Bürgerparks sowie zehn weiterer innovativer Sportflächen im Tagebauumfeld, die smarte und vernetzte Sportangebote sowie die Ausübung von Individualsport und Trendsportarten generationenübergreifend, barrierefrei und vereinsungebunden ermöglichen werden, wird die Lebensqualität in den am stärksten vom Strukturwandel betroffenen Gemeinden des Kernreviers spürbar gesteigert und die Attraktivität des Rheinischen Reviers als lebenswerte Region überregional gestärkt. Dabei stehen die sich bietenden Zukunftsmöglichkeiten des digitalen und technologischen Fortschritts sowie nachhaltige und ressourcenschonende Bauweisen im Mittelpunkt der jeweiligen Konzeptentwicklungen.
Badestrand Inden: Als Vision für den zukünftigen Umgang mit dem „Loch“, das der Tagebau in Inden zurücklassen wird, ist 2022 ein informeller „Rahmenplan Indesee 2.0“ (Schwerpunkte: Freizeit und Freiraum) unter Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner erarbeitet und politisch beraten worden. Der See wird spätestens ab 2035 am Stadtstrand in Inden – für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Besucherinnen und Besucher erlebbar sein. Hier wird ein 3,5 Kilometer langer und ca. 500 m breiter Strand mit Freizeitinfrastrukturen geschaffen, der mit dem Füll-stand des Sees den Landschaftswandel sicht- und erlebbar macht.
- Von den Zeugen der Vergangenheit zur Aussicht auf gelungene Klimawende – new public mindset
Dokumentationszentrum Garzweiler: In dem Dorf Holzweiler soll ein Dokumentationszentrum zur Archivierung, Dokumentation und zeitgemäßen Präsentation der Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Kulturlandschaft entstehen. Das Zentrum soll in die Gestaltung der Freiraum- und Naherholungsstruktur „Grünes Band“ integriert werden und zunächst direkt an der Abbruchkante – und perspektivisch am See – stehen.
Manheimer Kirche und Bagger: Die Kirche in Kerpen ist das letzte noch stehende Gebäude in Manheim. Sie wird nach dem Ende des Tagebaus direkt am Hambacher See in der sogenannten Manheimer Bucht stehen. Sie ist ein Symbol für die Phase des Umbruchs und der gesellschaftlichen Neuverhandlung um den Braunkohleausstieg und damit auch wichtiger Ort der Identität im Rheinischen Revier. Ein großer Braunkohlebagger wird an dieser Stelle aus dem Tagebau herausfahren und soll als Erinnerung, Mahnmal und Landmarke im Umfeld der Kirche aufgestellt werden.
- Von fossilen Energieträgern zu Energiewendetechnologien – new energy
Brainergy Park Jülich und Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft (HC-H2): Im Technologie- und Gewerbepark Brainergy Park im Norden von Jülich werden 300 Forschende sowie eine Vielzahl von Unternehmen an Lösungen für die Energiewelt von Morgen arbeiten. Der starke Fokus auf Energiewendetechnologien ist hier überall präsent und schlägt sich unter anderem in einem nahezu CO2-freiem Wärmeversorgungssystem des gesamten Gewerbegebiets nieder. Zu den ansässigen Forschungseinrichtungen zählt auch das Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft. Besucherinnen und Besucher können sich im Rahmen der IBTA über das Wärmesystem der Zukunft informieren, die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff kennenlernen sowie die anregenden Arbeitswelten der im Brainergy Hub angesiedelten Start-ups erleben.
- Künstliche Intelligenz: Start-ups arbeiten mit Hochtechnologie – new intelligence
Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, nach der Erfindung der Dampfmaschine, Elektrizität, Computern und Internet die nächste Basistechnologie zu werden, das Wirtschaften fundamental zu ändern und den Wohlstand für viele Menschen zu erhöhen. Die notwendige Infrastruktur hierfür wird im Rheinischen Revier ein auf KI spezialisiertes Rechenzentrum. Hierfür fehlen in der Form in Deutschland und Europa bislang ausreichende Kapazität. Diese Infrastruktur verstärkt den Strukturwandelerfolg beispielsweise für die Digitalparks im Rhein-Kreis Neuss und Rhein-Erft-Kreis, für das AI-Village, das Blockchain Reallabor und das Entrepreneurship Center Rheinisches Revier (ECRR) in Hürth und das Center für digital vernetzte Produktion (CDVP) in Aachen. Das Rechenzentrum kann als Hochtechnologie-Plattform von Start-Ups genutzt werden und strahlt somit Innovationskraft in die Region und über die Region hinaus aus.
- Von der individuellen Medizin zu guter Gesundheit – new health
Medical Science City: Die Medical Science City soll zum Nukleus für die moderne Biomedizin werden, wo Unternehmen Therapien für die Medizin von morgen entwickeln. Eine alte Fabrikhalle wird zu einem modernen Biomedizinischen Zentrum umgebaut, dass sowohl Büro- und Laborflächen, als auch zertifizierte Reinraum-Produktionsanlagen zur Produktion erster Chargen von Biopharmazeutika für klinische Studien erlaubt. Nutzende sind Start-ups aus der Biomedizin, die neue Zell- und Gentherapien zum Beispiel gegen Krebs und andere genetische Krankheiten entwickeln. Die Medical Science City stärkt die Innovationskraft der Region durch die Schaffung eines Ortes, der alte Fabrikanlagen mit neuer Technologie, Kreativität und Talent verbindet. In einer Zukunftsbranche mit enormem Wachstumspotential wächst dadurch ein einzigartiges Kompetenznetzwerk mit umliegenden Unikliniken, medizinischer Diagnostik und Patientenorganisationen. Darüber hinaus wird eine wichtige Zukunftstechnologie für das Rheinische Revier erschlossen.
- Bildungsangebote für die Transformation neu denken und zukunftsorientiert ausrichten – new learning
Zukunftswerkstatt Berufsbildungszentrum Euskirchen: Es soll ein innovatives Bildungszentrum für die ergänzende Aus- und Weiterbildung im produzierenden Gewerbe entstehen. Neue Bildungsschwerpunkte in Bereichen der ökologischen Transformation, kooperative Lehransätze sowie moderne Lehrwerkstätten für einen praxisnahen Umgang mit zukunftsrelevanten Technologien leisten wichtige Beiträge zur Fachkräftestärkung.
- CO2-frei ins Herz des Reviers – new mobility
Bis zur ersten Ausstellungseröffnung muss die IBTA von den großen Bahnhöfen in Köln, Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach und Aachen mit dem öffentlichen Personenverkehr in vertretbarer Zeit erreichbar sein. Da der Schienenpersonenverkehr erst Mitte bis Ende der dreißiger Jahre ausgebaut ist, ist dazu ein funktionierendes Mobilitätskonzept für die IBTA zu entwickeln und umzusetzen. Dabei könnte die Hochskalierung regionaler On-Demand-Projekte, wie zum Beispiel der Kraftraum-Shuttle eine Rolle spielen.