Zweiter Solarturm in Jülich offiziell „im Bau“
Rein symbolisch fiel jetzt der offizielle Startschuss für den Bau eines zweiten Solarturms des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Jülicher Königscamp. Symbolisch deshalb, weil der Neubau bereits auf die halbe Höhe von „Turm 1“ angewachsen ist. Aber es ist ein gutes Symbol, denn es zeigt, wie energisch wir in Nordrhein-Westfalen und im Bund mit unseren Partnern das Thema Innovation, Forschung und Energiewende sichtbar vorantreiben. Es zeigt das Bewusstsein aller Akteure, die gesteckten Ziele einzuhalten, und diese in der Region für die Zukunft zu verankert. Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, NRW-Wirtschaftminister Andreas Pinkwart und DLR-Vorstand Prof. Karsten Lemmer konnte ich gewissermaßen durch die Befestigung des Schildes „Multifokus-Turm“ den Turm auf die Ziellinie bringen: Im Frühjahr 2020 soll er in Betrieb gehen.
Warum das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein zweites solarthermisches Kraftwerk errichtet, erklärte Karsten Lemmer: Die Kapazitäten von Turm 1 sind erschöpft, ausgebucht; einen „Dauerbrenner“ nannte DLR-Vorstand den Solarturm wörtlich. Vervierfachen werden sich mit dem „Zwilling“ die Möglichkeiten, denn natürlich hat das DLR die Erkenntnisgewinne seit Inbetriebnahme von Turm 1 einfließen lassen. Statt einer wird es im Neubau drei Plattformen geben. Sie erfüllen verschiedene Aufgaben. Getestet wird unter anderem, wie Energie am besten in Flüssigsalzen gespeichert werden kann, wie die Gewinnung von Wasserstoff mit Hilfe von Sonnenenergie gelingen kann, oder ob schwarze Partikel als Wärmespeicher taugen.
Neben der Forschung ist auch ein Ziel, die Wirtschaftlichkeit zu erproben. Die Technologie für diese konzentrierende Solarenergie, wie sie in Jülich installiert ist, wurde vor etwa zehn Jahren kommerziell in den Markt eingeführt. Innerhalb dieser Zeit sind die Herstellungskosten für rein solarthermischen Strom von anfangs 30 bereits auf 7 Eurocents pro Kilowattstunde gefallen. Besonders ertragreich können die Kraftwerke in Regionen mit intensiver Sonneneinstrahlung sein.
Hier in Jülich, im Epizentrum für Solarforschung, wird gezeigt, wie solare Hochtemperaturwärme auch in Deutschland genutzt werden kann. Sie soll künftig zur effizienten Wärmeversorgung von energieintensiven Industrieprozessen eingesetzt werden, die derzeit noch auf fossile Brennstoffe angewiesen sind. Und es geht noch einen Schritt weiter. Stichwort „Third-Life-Kohlekraftwerk“: Bei der Umrüstung von Braunkohlekraftwerken auf den Betrieb mit erneuerbarem Strom spielen Hochleistungs-Wärmespeicher ebenfalls die zentrale Rolle. Genauso kommt die Weiterentwicklung der solaren Hochtemperaturtechnologien der Erzeugung von „Solar Fuels“ zugute, also synthetischen Kraftstoffen für Flug-, Schiffs- und Schwerlastverkehr.
Unterstützung erhielt der DLR durch Staatssekretär Feicht, der erklärte: „Wenn wir decarbonisieren wollen, müssen wir überall decarbonisieren!“, und er stellte die Entwicklung der Technik als Exportschlager heraus: „Weltregionen, die in der Lage sind, Co2-frei kostengünstig und verlässlich herzustellen, müssen das tun.“ Denn ob Solarenergie in Deutschland Zukunftsaussicht habe, sei zu hinterfragen, „“aber unser Know-How ist für CO2-freien Strom oder Wasserstoff in Norden Afrikas sehr hilfreich“.
Bildhaft ist auch, dass der Festakt vor dem 20.000 Quadratmeter großen Spiegelfeld vonstatten ging: Hier können über 2000 der so genannten Heliostate genau auf einen Punkt gebracht werden und ihre Strahlkraft entfalten. Wo Kräfte gebündelt werden, kommt das Schwungrad für unseren Strukturwandel in Wertschöpfung für Unternehmen und Arbeitsplätze in Bewegung, gelingen die Weichenstellungen für die Energiewende, für das Klima. Um für den Wasserstoff den Wirkungsgrad und damit die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, liefert der Solarturm 2 eine wichtige Grundlage. Innovation ist die Basis für gelingende Energiewende.
Auf den Punkt brachte es Minister Pinkwart: „Damit wir auch Nutzen aus unseren Entwicklung ziehen können, müssen wir schneller sein und mutiger sein in der Umsetzung!“
Mut beweist der DLR in Jülich. Dieser Festakt hat mir einmal mehr widergespiegelt, dass wir in Jülich zugleich „Motor und Straße“ für die Energiewende sind.