Der Umweltausschuss des Landtages hat an diesem Montag Sachverständige zum Antrag „Vorteile für Umwelt, Klimaanpassung und Wirtschaft nutzen – Akzeptanz für neue Pflanzenzüchtungsmethoden stärken und Technologieoffenheit sicherstellen“ angehört.
Mit dieser Initiative will die NRW-Koalition aus CDU und FDP eine offene Debatte über Chancen und Risiken des Einsatzes neuer Zuchtmethoden wie der Genschere erreichen. Ziel ist, dieses Verfahren, in dem kein artfremdes Erbgut in die veränderte Pflanze eingebracht wird und die gleichen Effekte erzielt werden wie mit konventioneller Kreuzung, von der klassischen Gentechnik abzugrenzen. Dies müsste auf EU-Ebene geschehen.
Von den Expertinnen und Experten gab es in der Anhörung überwiegend Zustimmung für unseren Vorstoß. Der Einsatz einer Genschere in der gezielten Pflanzenzüchtung wird als große Chance gesehen für eine nachhaltigere Landwirtschaft, eine effizientere Lebensmittelproduktion und den Erhalt genetischer Vielfalt. Vertreterinnen und Vertreter aus der Pflanzenwissenschaft äußerten zudem großen Unmut, weil sie gegenüber ihren Kollegen in den USA, Kanada, Japan und perspektivisch auch China schon in der Erforschung neuer Züchtungsmethoden benachteiligt sind – bereits Freilandversuche mit per Genschere editierten Pflanzen sind in der EU aufgrund der strengen Regeln quasi unmöglich. Ähnlich fällt die Einschätzung des Bundesverbands der Pflanzenzüchter aus: Die erzeugten Pflanzen seien von solchen, die klassisch gezüchtet wurden, mitunter nicht zu unterscheiden, müssten dennoch als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden und hätten so in Europa keine Marktchance.
Besonders interessant war in meinen Augen die Einschätzung von Professor Dr. Dieter Sturma, Direktor des Instituts für Wissenschaft und Ethik der Uni Bonn, der dem Trend ,Zurück zur Natur‘ als höchstem ethischen Ziel eine Absage erteilt hat. Der Mensch habe unumkehrbar auf die Natur eingewirkt – die Folgen dieser Einwirkung im Zaum zu halten, sei jetzt der ethische Auftrag für die Zukunft. Wenn Innovationen wie die Genschere dabei helfen können, die Lebensmittelversorgung der Menschen nachhaltiger zu gestalten – mit weniger Wasser, weniger Herbiziden, weniger Düngung -, können sie nach ethischen Gesichtspunkten nicht pauschal abgelehnt werden. Aber: Wir brauchen einen breiten Diskurs über Chancen und Risiken dieser neuen Methoden, bei dem mit und nicht über die Wissenschaft gesprochen wird. Das wollen wir mit unserer Initiative in NRW erreichen.